Maurerfahrungen in Kaschmir

Mauern in Kaschmir

 

Ich hätte nicht gedacht, das mir Mauern überhaupt so richtig Spaß machen könnte. Bei Bashir auf der Baustelle ist einfach gute Stimmung. Nur der Meister und Bashir sprechen Englisch, die 2 Helfer und der andere Geselle kein Wort, aber das macht irgendwie gar nichts. Jürgen und ich machen die Arbeiten, die sich ebenerdig erledigen lassen, Steine schichten und auf die Baustelle tragen, und wir dürfen Innenwände mauern (die nachher durch den Putz nicht mehr sichtbar sind). Heute haben wir sogar auf einem Gerüst gearbeitet, nachdem ich mich all die Tage standhaft geweigert habe, Kopf und Kragen zu riskieren. Um auf dem  zusammengeschusterten Wackelpudding- Gerüst zu arbeiten, hat sich der Meister heute viel Mühe gemacht, es so stabil wie möglich für uns zu machen. Die Kaschmiris improvisieren, wo sie können. Statt  ein Gerüst für die Ewigkeit und die nächsten Generationen zu bauen, werden hier aus Ziegelsteinen und darüber laufenden  Balken mit Kreuz- und Querverstrebungen, immer neue Kunstwerke zusammengesteckt. Wehe nur, es stößt einer dagegen- Inshallah  (so Gott will) – Fazit: da hilft also nur beten. Als Maurer würde ich in Deutschland keinen Cent verdienen, hier nimmt man Esel aber nicht so genau, auch wenn der Meister manchmal strenger mit uns sind, als mit sich selber. Gestern habe ich lange mit ihm über eine krumme Türzarge diskutiert. Gestern hätte noch etwas geändert werden können (hier werden erst die Fenster und Türrahmen gesetzt und dann drum herum gemauert). Er hat dann mal dagegen geklopft und es für gut befunden, da habe ich ihn ausgelacht- ok er kam zurück und hat nach 10 maliger Kontrolle durch ein Lot (Wasserwaagen gibt es hier nicht) ein bisschen rumgerüttelt und neue wilde Balken zur Unterstützung gesetzt. Bashir,der Bauherr, ganz devot: „ der Meister hat gesagt, es ist gerade, dann ist es gerade.“ Heute beim Mauern wurde der Fehler dann doch mehr als sichtbar. Das wäre  alles halb so wild; wenn da nicht eine Tür hineinpassen sollte,die man auch noch auf-und zumachen will. Jetzt verstehe ich auch, warum hier alle Türen klemmen oder ziehen. Als gestern die 3 Fenster und die 2 Türen geliefert wurden, angeblich deutsches Fichtenholz, war das kleine Haus so mit Diagonalen ausgesteift, dass man vor lauter Hindernissen, die man dann auch nicht berühren durfte, (huhhh sonst Einsturzgefahr) nicht mehr wusste, wie man in dem Chaos hindurch kommen sollte. Es erscheint einem dann wie ein Wunder, wenn der Meister,  50 Jahre alt, vom Gerüst klettert, sich wie eine Schlange bewegt und dabei nicht das Geringste berührt. Überall liegen kaputte Ziegelsteine herum, Jürgens verzweifelte Versuche,  deutsche Ordnung herzustellen, werden groß gelobt und dann kurze Zeit später wird alles wieder umgestoßen, weil der Platz jetzt gerade gebraucht wird.

Was auch wild ist, sind die Kinder aus dem Dorf auf der Baustelle, die nach der Schule einem dauernd im Weg stehen. Ich war die ersten Tage ein weiblicher Exot, den sie alle anstaunen mussten. was sich  inzwischen aber gelegt hat, und ich fühle mich wie damals in der Schreinerlehre- „dat Kind dat macht et schon“- fast wie verjüngt.

Witzig ist dann für die Mannschaft, wenn wir Kaschmiri Worte benutzen, die wir vorher aufgeschnappt haben, z.B. „Marsala“ schreit man den Helfern zu, wenn kein Zementmörtel mehr in den Blechschalen ist. Der Zement wird auf der Straße mit Sand etc. angerührt, natürlich per Hand, dann in die ca. 50 cm Durchmesser großen Blechschalen geschaufelt und den Maurern angereicht (übrigens gleich wieviel Stockwerke hoch.) Das heißt,  die Jungs müssen nicht nur liefern, sondern auch die Augen überall haben, wann die nächste Schale leer ist. Manche machen einen Wettbewerb daraus, bloß nicht angerufen zu werden, sondern die Schale dir aus den Händen zu reißen. Der Helfer hat auch noch die Aufgabe, die möglichst richtigen Steine anzureichen, wenn das nicht Zacki geht, gibt es einen Anschiss. Wenn ich also „Masala öhh“ (Dt: bring Spieß) rufe, lachen die sich immer krank und äffen mich nach. Also nutze ich jede Gelegenheit aus, das auszurufen. Dann wird gesungen oder Hindi Handy Musik gespielt und mitgeträllert. Es macht einfach Spaß mit der Truppe.

Der Schornsteinfeger Freund von Jürgen hatte die Frage: Haben die Häusern alle keinen Kamin?? Wird draußen gekocht?? Und im Winter??

Gute Frage. die meisten Häuser haben in der Tat keine Heizung. Gekocht wird auf Gas und Strom. Auf die Stromheizung kann man sich nicht verlassen, da dieser immer wieder ausfällt. Besser gestellte Kaschmiri haben einen Holzofen oder Heizen unter der Bodenplatte der Küche. So eine Art Fußbodenheizung. Der Klassiker ist der weite Poncho mit kleinem Glutofen drunter. (siehe Foto) Die sind hart im Nehmen. Wir haben den Baschir jetzt überzeugt einen Kamin in den Flur bauen.  Kosten wird ihn das wenig, weil wir den aus Ziegeln mauern können und Steine noch genug da sind.

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